Was tun, wenn der Vogel nicht singen will?
Nobunaga sagt: „Töte ihn!“
Hideyoshi antwortet: „Erwecke in ihm den Wunsch, zu singen.“
leyasu meint: „Warte ab!“

tokugawa1Tokugawa leyasu wurde 1542 geboren. Sein Geschlecht geht zurück auf Nitta Yoshisue, der sich am Anfang des 13. Jahr- hunderts in dem kleinen Dorf Tokugawa im Kanto-Gebiet (Zentral-Honshu) niederließ und den Namen als Familiennamen annahm. Sein Vater war ein Daimyo mit mäßig großem Landbesitz, der von seiner Burg Okazaki (seinem Hauptquartier) aus bis zum Jahre 1500 halb Mikawa unter seine Herrschaft gebracht hatte. Er wurde ein Gefolgsmann des Hauses Imagawa, dessen Gebiete an die seinen grenzten. Doch als Oda Nobunaga 1560 Imagawa Yoshimoto besiegte, stellte sich leyasu, der inzwischen Oberhaupt seines Clans geworden war, auf die Seite Oda Nobunagas. Bis 1566 gelangte die gesamte Provinz Mikawa in den Besitz seiner Familie. Während der Jahre, in denen Nobunaga ganz Zentraljapan eroberte, wehrte leyasu die Angriffe der Takeda und Hojo ab, die Nobunaga in den Rücken fallen wollten. Nebenbei bemühte er sich, sich so viele der früheren Ländereien der Imagawa zu unterwerfen, wie er nur konnte. Als Nobunaga 1582 von Akechi Mitsuhide ermordet wurde, hatte Tokugawa leyasu sich die Provinzen Totomi und Suruga einverleibt, seine Hauptstadt nach Sumpu verlegt und war im Begriff, Kai und Shinano zu erobern. Im Jahre 1584 versuchte leyasu kurzzeitig, Toyotomi Hideyoshi daran zu hindern, Nobunagas Erbe anzutreten. Nach einigen ergebnislosen Kämpfen verständigte er sich aber mit Hideyoshi, da beide gemerkt hatten, dass sie von einer Zusammenarbeit mehr profitierten als von einer Feindschaft.

1590 verlegte leyasu sein Hauptquartier in die kleine Burgstadt Edo, die er systematisch ausbaute. Sie ist heute unter dem Namen Tokyo jedem ein Begriff. Als Toyotomi Hideyoshi 1598 starb und nur einen unmündigen Erben hinterließ, war leyasus Stunde gekommen. Zwar hatte Hideyoshi vor seinem Tod ein Gremium von fünf Regenten bestimmt, die bis zur Volljährigkeit seines Sohnes zusammen die Regierungsgeschäfte führen sollten. Es bestand aus den wichtigsten und größten Verbündeten Hideyoshis, unter ihnen auch Tokugawa leyasu. Dieser aber hatte andere Pläne.

 
Tokugawa Ieyasu in der Schlacht von Nagakute (1584), nach deren unentschiedenen Ausgang er sich mit seinem damaligen Kontrahenten Toyotomi Hideyoshi verbündete.
Tokugawa Ieyasu in der Schlacht von
Nagakute (1584), nach deren
unentschiedenen Ausgang er sich mit
seinem damaligen Kontrahenten
Toyotomi Hideyoshi verbündete.

Bald nach dem Ableben des Kampaku begannen sich Machtkämpfe abzuzeichnen und das Regierungsgremium spaltete sich in rivalisierende Fraktionen. Tokugawa brach als erster die gegenseitigen Abmachungen. Er verließ das Gremium und brachte viele Daimyo auf seine Seite. Daraufhin formierte sich die Gegenseite unter der Führung von Ishida Mitsunari, stellte eine Armee auf und der Kampf um Japan begann. 1600 kam es dann zum Finale. Durch geschicktes Taktieren war es leyasu gelungen, das Gelände dafür selbst zu bestimmen. Dabei handelte es sich um die strategisch wichtigste Kreuzung in ganz Japan. Diese Kreuzung bei dem kleinen Dorf Sekigahara teilt Japan in zwei Teile.

Am 21. Oktober um acht Uhr begann die Entscheidungsschlacht, wobei der Nebel den Tag beinah wieder zur Nacht machte. Mit insgesamt 200.000 Mann prallten in Regen und Schlamm die größten Samuraiheere aufeinander, die je gegeneinander gekämpft hatten. Der Ausgang war zunächst ungewiss, doch mitten im Kampf wechselten einige Daimyo aus Ishidas Armee die Seiten und liefen zu leyasu über. Daraufhin hatten dessen Gegner keine Chance mehr. Um zwei Uhr nachmittags stand der Sieg der Tokugawa-Armee fest. Was folgte war ein Massaker, das nur wenige Krieger aus Ishidas Armee überlebten. (Unter ihnen befand sich auch der junge Musashi, der noch ganz am Anfang seiner Laufbahn stand.)

Doch noch lebte der Sohn Hideyoshis – Toyotomi Hideyori. Er schaffte es bis 1614, mittlerweile erwachsen geworden, 90.000 Sympathisanten zu sammeln und sich mit ihnen auf seiner Burg Osaka zu verschanzen. Dort konnte er sich gegen die 180.000 Soldaten Tokugawas fast ein Jahr halten, bevor es seinem Gegner im Sommer 1615 mit einer List gelang, die Festung zu stürmen. Diese Schlacht war gleichzeitig die letzte, in der Samurai-Armeen gegeneinander antraten. Bei der Eroberung von Osaka wurde leyasu durch einen Speer verwundet, woran er ein Jahr später, im Jahr 1616, starb.

tokugawa2Tokugawa leyasu hatte sich bereits 1603 vom Kaiser zum Shogun ernennen lassen. Er versicherte sich der Treue seiner Vasallen, indem er sich Geiseln aus deren Familien stellen ließ, die in seiner Burg Edo leben mussten. Außerdem konnte er durch seine Eroberungen die Ländereien der Besiegten an seine Gefolgsleute verteilen. Dadurch war es ihm möglich, die Daimyo, denen er vertraute, um die Gebiete von zweifelhaften Verbündeten herum anzusiedeln, so dass diese isoliert waren. Diejenigen, die in Sekigahara gegen ihn gestanden hatten, siedelte er an den „äußersten Enden“ von Japan an, von wo aus sie keine Möglichkeit hatten, etwas gegen die Tokugawa-Regierung zu unternehmen. Die Shimazu schickte er zum Beispiel nach Okinawa, was dort zur Satsuma-Invasion führte (Satsuma war deren ehemalige Provinz). Insgesamt wurde ein Drittel des Landes neu verteilt. Zusätzlich musste jeder Daimyo aller zwei Jahre mit großem Gefolge nach Edo ziehen, um dem Shogun seine Aufwartung zu machen. Das kostete natürlich eine Menge Geld, so dass es schon aus finanzieller Sicht nicht mehr möglich war, sich gegen die Regierung aufzulehnen. 1605 gab leyasu das Amt des Shogun an seinen Sohn Hidetada ab und zog sich auf sein Schloss nach Sumpu zurück, von wo aus er die Vernichtung der Toyotomi betrieb (siehe oben). Mit der Weitergabe des Shogun-Amtes eröffnete er eine Erbfolge, in der die Tokugawa-Familie 264 Jahre lang (bis 1867) und über fünfzehn Generationen dieses Amt innehatte. In dieser längsten jemals bestehenden Friedensperiode konnte sich in Japan eine einzigartige Kultur entfalten, was auch die Entwicklung der Kampfkünste von der reinen Techniklehre hin zum „Do“ bewirkte. Diese Periode nennt man heute die Tokugawa- oder Edo-Epoche.