Wir schreiben die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Japan, das seit hundert Jahren von Bürgerkriegen und Volksunruhen heimgesucht wird, versinkt vollständig im Chaos. Es ist "Sengoku Jidai" – die Zeit der kämpfenden Lande. Der Kaiser ist nur noch eine Marionette, und auch das einst mächtige Shogun-Geschlecht der Ashikaga kann nicht mehr für Ruhe und Ordnung sorgen. Rivalisierende Daimyo treiben das Land an den Rand des Abgrunds, Räuberbanden verbreiten Angst und Schrecken. Doch drei Männer träumen davon, das Land zu befrieden und zu einen. Einer von ihnen ist der charismatische, aber zugleich hitzköpfige und rücksichtslose Oda Nobunaga - der erste Reichseiniger.

Oda Nobunaga wurde 1534 geboren. Als sein Vater Oda Nobuhide im Jahre 1549 starb, übernahm er im Alter von nur 15 Jahren die Führerschaft des Oda-Clans. Sein ursprünglicher Herrschaftsbereich war die kleine Provinz Owari im Norden der Ise-Bucht (dem Gebiet um das heutige Nagoya). Wie sich noch herausstellen sollte, lagen seine Ländereien strategisch äußerst günstig: Einerseits konnte er Kyoto, die damalige Hauptstadt, ohne Schwierigkeiten erreichen; andererseits war Owari weit genug von den Zentralprovinzen entfernt, so dass sich Nobunaga aus den dort ständig stattfindenden Kämpfen vorerst heraushalten konnte. Während sich zum Ende der Sengoku Jidai viele Daimyo ihre Nachbarprovinzen einverleibten oder untereinander Bündnisse eingingen, um weitere Eroberungen zu tätigen, beschränkte sich Oda Nobunaga darauf, seinen Besitz zu sichern. Zu den großen Daimyo-Familien dieser Zeit zählten die Takeda, Uesugi, Hojo, Imagawa, Mori und die Shimazu. Sie alle herrschten über große Provinzen und konnten Heere von gewaltigen Ausmaßen aufbieten.

nobunaga1Nobunagas Aufstieg zum mächtigsten Herrscher Japans begann 1560, als sich Imagawa Yoshimoto auf einem Feldzug gegen Kyoto den Durchzug durch Owari erzwingen wollte. Durch eine taktische Meisterleistung gelang es Oda Nobunaga, die 25.000 Mann starke Streitmacht der Imagawa mit nur 2.000 Kriegern in die Flucht zu schlagen. Diese eine Schlacht genügte, um den Herrn der Provinz Owari in die Reihe der wichtigsten Männer, die um die Macht in Japan kämpften, einzureihen. 1568 marschierte Oda mit 30.000 Mann in der Hauptstadt Kyoto ein, wo er Ashikaga Yoshiaki als Shogun einsetzte. Diesen ließ er schwören, alle politischen Entscheidungen Nobunaga allein zu überlassen. Kurze Zeit darauf gelang es Nobunaga, Tokugawa leyasu als Verbündeten zu gewinnen. Jetzt konnte er sicher sein, bei seinen zukünftigen Eroberungen den Rücken frei zu haben. Diese Entwicklung sahen natürlich nicht alle mit Freuden. So widersetzten sich die Mönche der militanten Enryakuji-Sekte ganz entschieden Nobunagas Plänen, indem sie sich häufig mit den Truppen der Daimyo Asakura Yoshikage und Asai Nagamasa verbanden. Auch die Kriegermönche der Hoganji-Sekte aus der Festung Ishiyama standen ihm feindlich gegenüber. Im Jahre 1571 entschloss sich Nobunaga, zuerst die Macht der buddhistischen Sekten im Bereich der Hauptstadt zu brechen. Dabei vollbrachte er die grausamste Tat seiner Laufbahn, als er die Klöster auf dem Berg Hiei bei Kyoto (dem Hauptquartier der Enryakuji-Mönche) niederbrennen ließ. Dabei wurden 3.000 Gebäude zerstört und tausende Mönche niedergemetzelt. 1573 vernichtete Oda Nobunaga die Asai und Asakura und gliederte ihre Ländereien den seinen ein. Zur selben Zeit begannen seine Heere (die aus bis zu 60.000 Mann bestanden) mit der Belagerung der Burg Ishiyama. Diese Maßnahme, die für alle Zeiten die weltliche Macht der Hoganji-Sekte beseitigen sollte, führte allerdings erst 1580 zum Erfolg. Mit der Vertreibung des Shogun Ashikaga Yoshiaki, welcher sich gegen Nobunaga gewandt hatte, beendete er endgültig das Ashikaga-Shogunat.

Ende 1573 herrschte Nobunaga über ein Drittel des Landes. Militärgeschichtlich bedeutsam ist, dass Oda Nobunaga im Jahre 1575 als erster in großem Umfang Feuerwaffen verwendete. Dadurch entschied er die Schlacht von Nagashino für sich, als er 3.000 mit Arkebusen bewaffnete Kämpfer einsetzte, deren Kugelhagel sein Gegner Takeda Katsuyori nichts entgegenstellen konnte. Von 1576 bis 1579 Iieß Nobunaga am Ufer des Biwa-Sees seine neue Residenz - die Burg Azuchi - errichten. Sie war so konstruiert, dass sie als erste Festung Japans in der Lage war, einem Beschuss aus Feuerwaffen standzuhalten.

 
Nobunagas Arkebusenschützen im Einsatz während der Schlacht von Nagashino, 1575.
Nobunagas Arkebusenschützen im Einsatz während
der Schlacht von Nagashino, 1575.

Nobunaga war gnadenlos gegenüber seinen Feinden und großzügig zu seinen Verbündeten. Er setzte seine Vasallen auf den Festungen seiner besiegten Gegner als Burgherren ein, womit ihnen auch die Erträge der umliegenden Ländereien zustanden. Gegner, die sich ihm ohne Widerstand ergaben, wurden als Verbündete angenommen. Deren Loyalität überprüfte er, indem sie nacheinander an die Spitzen seiner Eroberungsheere gestellt wurden. Sein treuester Vasall war Toyotomi Hideyoshi, der sich vom einfachen Bediensteten zum erfolgreichsten General der Armeen Nobunagas emporgearbeitet hatte.

1582 kämpfte Hideoshi im Westen Japans bei Takamatsu gegen die Mori. Da der Kampf nicht sehr erfolgreich verlief, forderte er von Nobunaga Verstärkung an. Dieser eilte ihm mit einer eigenen Truppe aus Azuchi zu Hilfe. Auf dem Weg zu Hideyoshi machte Nobunaga, nur von seiner Leibwache begleitet, einen Umweg durch Kyoto. Dort wurde er von der 10.000 Mann starken Armee des Generals Akechi Mitsuhide überfallen. Dieser war eigentlich ein Vasall der Oda, jedoch fühlte er sich von Nobunaga persönlich gekränkt und zurückgesetzt. Nachdem dessen Leibwache der Übermacht erlegen war, beging Oda Nobunaga Seppuku. Sein Leichnam verbrannte unter den Trümmern seiner Unterkunft und wurde nie gefunden. Akechi Mitsuhide konnte sich seines Sieges jedoch nicht lange erfreuen. Nachdem Hideyoshi von dem Verrat erfahren hatte, brach er den Kampf mit den Mori ab und zog in Gewaltmärschen nach Osten. Dort traf er 13 Tage später auf Akechi und vernichtete ihn.

Toyotomi Hideoshi wurde der Nachfolger Oda Nobunagas, dessen Werk er fortsetzte und das später von Tokugawa leyasu vollendet wurde.